EINE FAMILIE VON GOLD- UND SILBERSCHMIEDEN
Jean-Baptiste-Claude Odiot, geboren am 8. Juni 1763 in Paris, stammte aus einer Dynastie von Gold- und Silberschmieden, die seit 1690 ihre Kunstwerke anfertigten. Das Unternehmen „Maison Odiot“ war bereits frankreichweit bekannt, als Jean-Baptiste-Claude Odiot 1785 die Leitung übernahm. Durch seine herausragenden Arbeiten und durch viele Aufträge der Familie Bonaparte erlangte er in Frankreich hohes Ansehen. 1808, nach gut 20 Jahren im Geschäft, zählte Odiot zu den 500 bedeutendsten Personen in Paris.
KUNSTWERK FÜR DEN FRANZÖSISCHEN KAISER
Odiot erhielt den Auftrag, das Krönungsschwert für Kaiser Napoleon zu gestalten und das Zepter Karls des Großen für die Krönungszeremonie zu modernisieren. Benjamin Constant, ein Zeitgenosse Napoleons, beschrieb die Selbstkrönung des Kaisers und erwähnte dabei die Arbeit Odiots: „Das kaiserliche Zepter, eine Arbeit des Juweliers Odiot, war von Silber und umschlungen von einer goldenen Schlange, als Spitze diente eine Erdkugel, auf der Karl der Große, auf einem Thron sitzend, dargestellt war.“ 1811 lieferte Odiot die Silberdekorationen für die prächtige Wiege des neugeborenen Thronfolgers, Napoleon Franz Joseph Karl Bonaparte.
DER BADISCHE HOF ALS KUNDE ODIOTS
Ludwig I. von Baden war mehrfach im Auftrag seines Vaters Karl Friedrich in diplomatischer Mission unterwegs. So reiste er 1802 an den Zarenhof in Moskau und darauf nach Paris, um dort mit Napoleon Bonaparte zu verhandeln. Auf seinen Reisen sah Ludwig mit Sicherheit auch Produkte von Odiot, der inzwischen an die Höfe in ganz Europa lieferte – sein Ruf hatte sich weit über die französischen Landesgrenzen hinaus verbreitet. Nachdem Ludwig 1818 Großherzog von Baden geworden war, ließ er sein eigenes Hofsilber von Odiot herstellen: Jedes Teil wurde mit dem großen badischen Staatswappen mit Krone, flankiert von Löwe und Greif, verziert.
ERFOLGREICHE FIRMA
Obwohl Odiot viele Aufträge für Napoleon und seine Familie ausgeführt hatte, konnte er auch nach dem Sturz des Kaisers ungehindert weiterarbeiten. 1827 übergab er die Leitung des Familienunternehmens an seinen Sohn, Charles-Nicolas Odiot. Er verlegte sich aufs Sammeln von Gemälden, Kunstwerken und Antiquitäten. 1835 stiftete Odiot 30 seiner Arbeiten einem Museum – zur Erinnerung an sein Können und als Vorbild für seine Nachfolger. Als er am 23. Mai 1850 mit 86 Jahren starb, gehörte er zu den reichsten Männern Frankreichs.
DAS BADISCHE HOFSILBER IM SCHLOSS
Das prachtvolle Service schuf den Rahmen für eine repräsentative Tafelkultur. 1823 fertigte Jean-Baptiste-Claude Odiot in Paris kunstvoll verzierte Terrinen, verschiedene Platten mit und ohne Abdeckhauben, Saucièren und Salzschalen mit Putti für den badischen Hof. Das Hofsilber wurde zwischen 1828 und 1835 unter den Großherzögen Ludwig, der von 1818 bis 1830 regierte, und seinem Nachfolger Leopold um einige Stücke erweitert. In ihren Karlsruher Hofsilberwerkstätten ließen sie Kerzenleuchter, Vasen und Bestecke als wesentliche Ergänzungen der 130-teiligen Garnitur anfertigen.
RÜCKKEHR DER WERTVOLLEN STÜCKE
Lange Zeit befanden sich die schönsten Stücke des badischen Hofsilbers in privaten Händen. 2004 konnten sie zurückgekauft werden und zieren seitdem die Prunkräume in der Beletage des Mannheimer Residenzschlosses. Sie werden heute im ehemaligen Ersten Vorzimmer des Kaiserlichen Quartiers auf einer gedeckten Tafel präsentiert, wo zu badischer Zeit die Großherzöge speisten. Der Feingehalt des Hofsilbers ist allerdings so hoch, dass die Oberflächen recht häufig poliert werden müssen, um wieder zu glänzen.
INFORMATION
Aktuell ist das Barockschloss Mannheim wie fast alle Monumente der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg sowie Kultur- und Freizeiteinrichtungen des Landes gemäß der Corona-Landesverordnung geschlossen.