EIN FLÄMISCHER MALER DES BAROCK
Der 1610 in Antwerpen geborene Maler David Teniers II., auch der Jüngere genannt, war ein produktiver Maler und hinterließ der Nachwelt ein Werk von etwa 800 Bildern. Teniers wichtigster Lehrer war sein Vater, David Teniers der Ältere (1582-1649), in dessen Werkstatt er seine Ausbildung zum Maler erhielt. Später wurde er vor allem durch Peter Paul Rubens und Adriaen Brouwer beeinflusst. 1651 berief Kaiser Ferdinand III. Teniers als Hofmaler nach Brüssel. Außerdem wurde er damit beauftragt, die Kunstsammlung von Erzherzog Leopold Wilhelm auszubauen. Für ihn schuf Teniers 1660 das „Theatrum pictorum“, den ersten reich bebilderten Katalog einer Gemäldesammlung überhaupt. Am 25. April 1690 starb David Teniers der Jüngere in Brüssel.
MEISTER DER GENREMALEREI
David Teniers d. J. gilt als führender Genremaler seiner Zeit. Neben Szenen aus bäuerlichen Wirtshäusern und Dörfern malte er Volksfeste, Soldatenwachstuben, Alchemisten- und Hexenküchen. Bereits in seinem Frühwerk hielt er die Welt der Bauern und Fischer in Alltagsszenen fest. Während seiner Tätigkeit am Hof Ferdinands III. thematisierte er zunehmend auch die adlige Gesellschaft und das aufstrebende Patriziat. Besonders beliebt aber waren und blieben seine Bauernbilder und seine ländlichen Themen: Teniers‘ Stil des Farbenreichtums und der Detailtreue prägte die Genremalerei bis weit ins 18. Jahrhundert hinein. Und sie wurden zur Motivvorlage für viele andere Kunstgattungen.
BELIEBTE MOTIVE FÜR TAPISSERIEN
Wandteppiche gehörten in der höfischen Repräsentationskultur des 18. Jahrhunderts zur wichtigsten Ausstattung bedeutender Räume. Die Motive dafür wurden der Malerei entnommen: In den Jahrzehnten nach Teniers‘ Tod entstanden viele großformatige Bildteppiche, die auf seine Kompositionen und Einzelmotive zurückgehen. Die großen Tapisserie-Manufakturen in Brüssel, Lille, Beauvais, Aubusson, London und Madrid nutzten in einem Zeitraum von rund 100 Jahren seine Ideen für Bildteppichserien. Die zum Weben notwendigen Vorlagen, die „Kartons“ wurden dabei im Lauf der Zeit dem jeweiligen Geschmack entsprechend umgearbeitet und die Darstellungen neu variiert. Meist lagen zwischen den Teppichkartons und den Bildern von Teniers eine oder mehrere gezeichnete oder gemalte Zwischenstufen.
VIER WANDTEPPICHE NACH TENIERS IM MANNHEIMER SCHLOSS
Die früheste Tapisserie-Serie nach Motiven von David Teniers d. J. stammt von den Brüsseler Manufakturen des Hieronymus le Clerck und Caspar van der Borght aus der Zeit der 1690er-Jahre bis 1710. Im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts erfolgte dort die Herstellung der vier Wandteppiche, die sich in Schloss Mannheim erhalten haben: „Bauernkirmes“, „Tanzende Bauern“, „Feiernde Jagdgesellschaft“ und „Fischerkai“. Alle vier Tapisserien zeigen in der Mitte der oberen Bordüre das Wappen des Hauses Pfalz-Neuburg und verweisen damit auf den Auftraggeber der Serie, den regierenden Kurfürsten Johann Wilhelm (1658-1716). Vermutlich waren die Tapisserien für dessen Bruder und designierten Nachfolger Carl Philipp bestimmt, wie das Wappen mit dem eingewebten schwarzen Schild mit Löwen zeigt. Kurfürst Johann Wilhelm bestellte 1701 die Tapisserien zusammen mit anderen Bildteppichen über seinen Agenten Daniel Stroobant in Brüssel, wie ein Vertrag aus diesem Jahr bezeugt. Die Stücke gelangten auf ihrer ersten Station ins kurfürstliche Schloss Benrath in Düsseldorf, aus dem sie Carl Philipp 1731 in sein neues Schloss nach Mannheim bringen ließ. Dort waren die Wandteppiche als Schmuck für das Audienzzimmer der Kaiserin bestimmt und gehörten damit wahrscheinlich zur Erstausstattung des Schlosses.
TAPISSERIEN AUS DEM 18. JAHRHUNDERT IM SCHLOSSMUSEUM ERHALTEN
Im 18. und frühen 19. Jahrhundert betrat man die Räume des „Kaiserlichen Quartiers“ in der Beletage des Residenzschlosses über das Erste Vorzimmer, in dem sich die Wachen befanden. In kurpfälzischer Zeit hingen hier Tapisserien mit Darstellungen der zwölf Monate an den Wänden. Nach 1806 schmückten Wandteppiche aus der Zeit um 1730 mit Bauern- und Fischerszenen nach Gemälden von David Teniers d. J. das Zimmer. Als einzige der Tapisserien wurden sie beim Umzug des Kurfürsten 1778 nicht nach München gebracht. Nach dem Ende der Monarchie 1919 gingen sie den Besitz des Großherzogs über. 1995 konnten sie vom Haus Baden zurückerworben werden – seit 2007 werden sie wieder an ihrem ursprünglichen Platz im früheren Ersten Vorzimmer, direkt neben dem Rittersaal, präsentiert und tragen heute maßgeblich zum zeitgenössischen Raumeindruck bei.
Information
Aktuell ist Schloss Mannheim wie alle Monumente der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg ebenso wie alle Kultureinrichtungen geschlossen.